Eine Wahl steht an in Dänemark! Angeheizt durch den Krieg in der Ukraine ist die Stimmung ähnlich einem großen Nationalratswahlkampf.
Die Hauptstadt Kopenhagen ist zugepflastert mit Wahlplakaten auf denen in groß entweder JA oder NEJ zu lesen ist. Um was geht es hier?
Um was es geht.
Mit der Ablehnung des Vertrags von Maastricht gelten für Dänemark seit 1992 vier Ausnahmeregelungen in der EU.
Einer dieser Regelungen ist der Verteidigungsvorbehalt.
Dieser bedeutet, dass Dänemark an dem Teil der EU-Außenpolitik, der den Verteidigungsbereich betrifft, nicht mitwirken darf und kann.
Also keine Beteiligung an militärischen Operationen, keine Mitfinanzierung und keine Entsendung von Soldaten und Verteidigungsgüter für Einsätze, die von der EU geführt werden.
Nun steht am 01.Juni die Abstimmung an, dies zu ändern. In einem Referendum stimmen die Bürgerinnen und Bürger ab, ob sich ihr Land zukünftig an der europäischen Verteidigung beteiligen soll.
Welche Möglichkeiten sehen die Gewerkschaften in diesem Referendum und welchen Einfluss haben sie darauf?
Der dänische Metallgewerkschaftsbund beschloss 2020, sich für einen Vollmitgliedschaft Dänemarks in der EU einzusetzen und damit die Vorbehalte zu beseitigen.
„Dansk Metal wird sich dafür einsetzen, dass Dänemark ein vollwertiges Mitglied der Europäischen Union wird. Dies wird den Einfluss Dänemarks auf wichtige europäische Fragen stärken und dänischen Arbeitnehmern – nicht zuletzt denjenigen, die in der Industrie arbeiten – zugutekommen!“
Ebenso wurde beschlossen, sich für die Stärkung der dänischen Verteidigungsindustrie einzusetzen:
„Verteidigungspolitik ist auch Industriepolitik! In der dänischen Rüstungsindustrie gibt es Tausende von Arbeitsplätzen. Es handelt sich um hochspezialisierte, gut bezahlte Arbeitsplätze, die über ganz Dänemark verteilt sind. Für Dansk Metal ist es von entscheidender Bedeutung, dass Dänemark die Arbeitsplätze in der Rüstungsindustrie erhält und ausbaut.“
Obwohl nicht alle Gewerkschaften sich zur Abstimmung äußern und sogar einige Gewerkschaftsjugenden sich dagegen aussprechen, folgt ein Großteil der Politik dem Ruf. Insgesamt sollen über die nächsten zwei Jahre sieben Milliarden Kronen (knapp eine Milliarde Euro) in die Landesverteidigung gesteckt werden. Auch das Verteidigungsbudget soll von derzeit rund 1,4 Prozent auf die Nato-Anforderung von mehr als zwei Prozent des Bruttoinlandsproduktes angehoben werden.
Der Einfluss der Gewerkschaft in der Politik und der Öffentlichkeit ist bemerkenswert. Gewerkschaftsvertreter sitzen unter anderem in der Beratungsgruppe der Regierung für die Verteidigungsindustrie und haben in vielen Parteien Verbündete gefunden. Und über das große, landesweite Netzwerk wird professionelles Marketing, weit über den Kreis der Gewerkschaftsmitglieder hinaus, betrieben.
Ich bin sehr gespannt wie die Wahl ausgehen wird. Zu erleben, wie gekonnt die Gewerkschaft den Wahlkampf gestaltet, ihre Position vertritt und unter die Bevölkerung bringt ist eine tolle Inspiration für zukünftige Kampagnenarbeit.
Med venlig hilsen fra København
Beste Grüße aus Kopenhagen
Matthias